Mittwoch, 7. November 2012

Ausflüge in die Dreidimensionalität. [3]

Jules Vernes Nautilus – oder wie Walt Disney eine literarische Vorlage mit Füßen trat.

Wer kennt den Streifen nicht: "20.000 Meilen unter dem Meer". Dreh- und Angelpunkt ist darin, wie in Jules Vernes Romanvorlage, das imposante Unterseeboot Nautilus. Ganz davon abgesehen, daß es maskulin der und nicht feminin die Nautilus heißt, unterscheidet sich die Formgebung des im Film gezeigten Unterseegefährts dann aber doch beträchtlich von dem, was der Autor in seinem Buch 1869/1870 relativ exakt und basierend auf den damaligen Erkenntnissen beschrieb. So ist der so originelle Nautilus ein exakt 70 Meter langes Vehikel mit 1.506 Tonnen Verdrängung, einem zigarrenförmigen, nach heutigen Maßstäben hydrodynamisch vorteilhaften, 8 Meter durchmessenden Rumpf in Zweihüllenbauweise, einer 6 Meter im Durchmesser großen Schraube auf einer Welle und einer Gürtelpanzerung von 15 bis 24 cm. Der Nautilus besitzt sogar schon so etwas wie vorne angebrachte Tiefenruder, um die stabile Tiefen- und Lagesteuerung bei der Tauchfahrt gewährleisten zu können! Ob die von Verne angegebene Höchstgeschwindigkeit im getauchten Zustand von 54 Knoten (ca. 100 km/h !!!) nur mit der beschriebenen Antriebsweise durch Elekrizitätsgewinnung aus Kochsalzamalgam erzeugt werden kann, darf mal als ein wenig übertrieben angesehen werden – aber das nur am Rande. Die strömungsgünstige Formgebung dagegen würde auch heute noch als vorausschauend gelten dürfen, sieht man von kleineren Seltsamkeiten wie den großen Salonfenstern in Nemos Salon einmal ab, die das eigentlich so stimmige Gesamtbild meiner Meinung nach ein wenig stören – aber diese nützten ja der Dramatik.
Doch was hat Disney draus gemacht? Eine Art nietenbeschichteter Stacheldrachen, der so hydrodynamisch vorteilhaft geformt ist wie eine Schrankwand Eiche-Rustikal. Außerdem wird suggeriert, daß diese Steampunk-Nautilus (Warum sind Schiffe eigentlich immer automatisch weiblich?) atomar betrieben wird und enorme Tauchtiefen erreichen kann. Und um dem Ganzen noch eine Krone aufzusetzen folgende rethorische Frage: Warum ist die Disney-Nautilus innen viel größer als sie außen ist – ist das das vorweggenommene Galileo-7-Paradoxon, wie man es aus Star Trek kennt? Jules Verne war zwar ein Visionär, aber die Raumkrümmung wäre selbst für ihn ein wenig zu weit hergeholt gewesen, obgleich man bei den Disney-Studios scheinbar die Grenzen des physikalischen Raums schon früh dehnen und stauchen konnte, wie es das Skript vorgab.
Letzlich muss man festhalten, daß das, was Verne vor über 140 Jahren nüchtern beschrieb, in weiten Teilen schlicht, funktionell und konsequent war und eben nicht verspielt und theatralisch, wie es Disney da zeigt.

Skizze: Die Grundlage einer wunderbaren Freundschaft.
Was liegt demnach näher, als sich selbst einmal daran zu auszuprobieren und dem Nautilus eine Form zu geben? In den demnächst folgenden Beiträgen werde ich das berühmte Unterseefahrzeug gemäß der verneschen Vorgaben per Google-SketchUp "nachbauen" und via Photoshop rendern und ansehnlich in Szene setzen...ich bin selbst gespannt. 
(D.P.)

Work in progress.



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