Dienstag, 30. Juni 2015

Heimat ruft! – oder: Auf den Pfaden der Braunkohle.

"Ich muss mal raus!"

Um mal vom Trubel der Stadt und Stress der Arbeit abzuschalten, gönnte ich mir einige Tage in meiner Heimat Gräfenhainichen. Neben Entspannen im Garten stand bei perfektem Wetter u.a. ein Ausflug nach Bitterfeld und dem nahe gelegenen Goitzsche-See an, einem der größten Seen aus dem Braunkohlentagebau Goitzsche. Dieser wurde im Rahmen der Renaturierung 1998 mit Muldewasser geflutet und sollte im Jahre 2006 seinen Füllstand erreicht haben, jedoch wurde der See bei dem großen Mulde-Hochwasser 2002 innhalb von 2 Tagen komplett ge- und angesichts der Wassermassen überflutet. Bitterfeld wurde damals zusätzlich gleich mit unter Wasser gesetzt.

Aber nachdem sich die Lage beruhigt hatte, entstand ab 2006 ein Erholungs- und Naturschutzgebiet mit vielen Wassersport- und Tourismus-Attraktionen. Unter anderem lockt ein auf dem Wasser schwimmender Pegelturm, der zur Betrachtung der weitläufigen Landschaft einlädt. Eine Aussicht zum genießen! Badestrände gibt es auch, ein Campingplatz und Ferienhausanlagen, ein Hafenbecken mit dazugehörigen Bootsanlegstellen. Angeln ist ebenfalls an einigen Stellen erlaubt. Ein naheliegendes Fischerboot, worauf man zur Stärkung direkt ein leckeres Matjes-Brötchen bekommen kann, rundet dann jeden (binnen-)maritimen Ausflug perfekt ab.


Um dem Thema Tagebau und Braunkohle treu zu bleiben, setzte ich meinen Ausflug Richtung Ferropolis, der "Stadt aus Eisen" in Gräfenhainichen, fort. Seit dem Jahre 1958 wurde hier unter dem Namen Tagebau Golpa-Nord Braunkohle gewonnen und versorgte rund 30 Jahre lang u.a. die Kraftwerke Zschornewitz und Vockerode mit Brennstoff für die Erzeugung von Elektrizität. Ich kann mich selbst noch vage erinnern, wie die Bagger nachts in Betrieb waren und über die Gleise quietschten. 1991 wurde der Tagebau stillgelegt, die umliegenden Kraftwerke außer Betrieb genommen und es entstand das Freilichtmuseum und der Veranstaltungsort Ferropolis. Fünf riesige Abraumbagger wurden dort zusammengeführt und bilden eine eindrucksvolle und einzigartige Kulisse für Veranstaltungen, Märkte, Festivals und vor allem Konzerte – von Udo Lindenberg, Herbert Grönemeyer über Paul Kalkbrenner, Die Ärzte, Linkin Park bis hin zu Alice Cooper oder Metallica traten dort schon alle mit Rang und Namen auf.


Fazit. 
Auf nach Sachsen-Anhalt – das Land der Frühaufsteher ist besser als sein Ruf!
Und was sowieso gilt: Eine Reise in die Heimat ist immer ereignisreich und spannend!
Und als kleine Empfehlung für alle, die z.B. noch ein Geschenk brauchen, ist dieses Kleinod von Kalender für 2016 zu empfehlen: "Ferropolis – Die Stadt aus Eisen"


(S.V.)





Freitag, 26. Juni 2015

Mal malen...

Bunter Sackleinen.


40 x 40cm, Acryl auf Leinwand.
Als Bleistift-Fineliner-Kugelschreiber-Überzeugungstäter gibt es Ausdrucksmittel, die ich nur zögerlich und höchst selten benutze. Pinsel, Acrylfarben und andere schmodderige Werkzeuge scheue ich zwar nicht wie der Teufel das Weihwasser, aber trotzdem muss ich mich regelrecht überwinden, in dieser Richtung tätig zu werden. Da aber noch eine leere naturfarbene Leinwand ihrer Verarbeitung harrte, beschloss ich letztens – quasi zum Ausgleich für geleistete digitale Arbeit – zu eben jenen vernachlässigten Ausdrucksformen zu greifen und los zu pinseln. Gegenständlichkeit sieht zwar im Ergebnis anders aus, aber irgendwie hat das Bild was… Es fügt sich unauffällig, frei von Ecken, Kanten und schrillen Schreien an die Wand an und wirkt gerade durch seine einfältig-kontrastarme Schlichtheit. Muss auch mal sein…

(D.P.)

Donnerstag, 18. Juni 2015

Schlüpfrig & obszön. [25]

Giger grüßt aus der Gruft.
Geometrie...igitt.
Greetings from Black'n'White Castle – finally...?!

Zur 25. Ausgabe der "S&ö-Rubrik" geht die schwarz-weiße Serie vorerst in die letzte Runde. Denn es wird wieder Zeit für etwas mehr Farbe – schließlich ist ja Sommer! (Auch wenn der Blick nach draußen eher herbstliche Gefühle aufkommen lässt.)
Zum Finale gibt's zwei hochformatige Motive aufs Auge. Das eine ist die Eröffnungsgrafik in meinem aktuellen Skizzenbuch, das andere sollte mal eine Art Comic-Seite werden – ist aber gründlich in die Hose gegangen und so konstruierte ich grafischen und schriftlichen Schnickschnack zur Lückenfüllung dazu, um die eigenen Fehler zu tilgen. Wie bei den vorangegangenen Ausgaben dieser Unterserie auch, sind die Bilder nach manueller Ausarbeitung im Skizzenbuch von mir eingescannt worden und mittels Photoshop von Schmutz befreit und via Illustrator-Abpaus-Werkzeug vektorisiert worden – einer Vervielfältigung und Weiternutzung zu verschiedenen Zwecken steht somit nichts entgegen. Die Herren von BOMBTHREAT wissen möglicherweise, wovon ich schreibe... 
Weitere Bilder in diesem Stil sind jedoch in Arbeit, bzw. schon in Gedanken vorhanden und ich denke, daß es da eine Fortsetzung geben wird...

Die nächste Ausgabe dieser Rubrik wird dann – wie oben angedeutet – bunt werden. Nicht schrill oder schreiend farbig, aber doch vielschichtiger im Echtfarbauftrag...

(D.P.)

Montag, 15. Juni 2015

ÖKOFETE 2015

Pa-no-ra-ma.

Grün ist bunt.

Enter Level Green.
In Leipzig gibt es Tradition. Die eine lieb gewonnen, die andere fragwürdig und wiederum andere zurechtgebogen oder Halbwahrheit. In die erste Kategorie gehört gehört für uns – auch wenn wir seit 2013 gestaltungstechnisch nicht mehr involviert sind – zweifelsfrei die Ökofete des Ökolöwe Umweltbund Leipzig e.V., die jedes Jahr nicht nur Glück mit dem Wetter hat, sondern auch ein buntes Publikum anzieht.
Statt hier einzelne Stände hervorzuheben oder detailreich das Programm wiederzugeben, erteilen wir an dieser Stelle lieber ein Lob an die Veranstalter bzw. Teilnehmer und sprechen hiermit eine Empfehlung aus, im nächsten Jahr diesem bunt gemischten, aber dennoch irgendwie familiär wirkenden Großereignis einen Besuch abzustatten. Denn dort pulsiert greifbar das echte Leben und nicht die unsäglich gekünstelte Feierstimmung wie andernorts in der Stadt, wo man Jubiläen mit Hilfe von klüngelnden Marketingagenturen konstruieren muss, damit man überhaupt was zu feiern hat. 


Trubel!
Flower Power.
Auf der Ökofete, zwischen den Ständen von Initiativen, Vereinen, Verkaufsständen und Versorgungsstellen für das leibliche Wohl trifft man nicht Leipzigs aufpolierte Vergangenheit, sondern Leipzigs Gegenwart und Zukunft: jung und alt, bürgerlich bis alternativ, Mainstream und Subkulturen – und alle friedlich vereint. Für ein grünes, besseres Leipzig. Klingt pathetisch, ist aber Realität…
Danke dafür!


Ruhendes Gewässer – Ruhe am Gewässer.


LVB Linie 19, Richtung Hüpfhausen (Zustieg nur vorn!).
Und weiterhin gilt: Den ÖKOLÖWE unterstützen!

(S.V. & D.P.)

Donnerstag, 11. Juni 2015

B-Day. 06|06|2015


Mir klingeln jetzt noch die Ohren…
Laut war's! Und auch sentimental – für die Herren von BOMBTHREAT, die sich anlässlich ihres 20jährigen Bandjubiläums bzw. Record-Release nicht nur über die zahlreich erschienen Freunde, Sympathisanten, Unterstützer und Familienmitglieder freuen durften, sondern wohl auch selbst die eine oder andere Träne verdrücken mussten…
Hinweis: Dieser Rückblick stellt eine persönliche Meinungsäußerung dar und deckt sich nicht zwingend mit den Ansichten anderer Anwesender.




Preludium – oder: Da ist Wurst im Fußraum!


Mit der Fertigstellung der Jubiläums-EP und dem dazugehörigen Merchandise, hieß es für BOMBTHREAT am vergangenen Samstag, dem 06.06.2015, den runden Geburtstag angemessen im Kreise der Anhängerschaft würdig zu zelebrieren. Dank Einladung und Mitfahrgelegenheit beim Bassisten (Danke dafür Seppl!) ging es also nach Aschersleben. Eine gartenlaubige Übernachtungsgelegenheit war auch organisiert worden (Danke Siggi!) und es blieb vorab genug Zeit noch per pedes eine kurze Stadtführung zu absolvieren, bevor es zum Ort der Feierlichkeit gehen würde. Am Rande sei mein Eindruck von ASL erwähnt: Hier klappen sie die Bürgersteige scheinbar nur selten herunter – kaum eine Menschenseele irrt hier herum. Aber das Wetter war prächtig.
Am späten Nachmittag ging es dann mit dem Wagen, im Fußraum des Fond lag nach einem Bremsmanöver verpackter Aufschnitt, zum Veranstaltungsort – ein Industriegebiet, genauer gesagt, die Halle eines ortsansässigen Tischlereibetriebs (*) – wo schon der Aufbau der Bühne (ein Anhänger), der Tontechnik, des Merchandise-Standes und Getränkeausgabe so gut wie fertig vorzufinden war. Nach Einrichtung der Absperrungen und Positionierung des Einlasses, trudelten auch schon die ersten geladenen und zahlenden Gäste ein. 

Einheizer.
Vorbands haben es manchmal nicht leicht. Bevor BOMBTHREAT selbst die Bühne entern sollten, erklommen CORNERIA und anschließend DELIVER THE GALAXY den Anhänger bzw. die Bühne. Erstere gingen leider – zumindest war das mein Gefühl – irgendwie unter. Die Masse des Publikums stand nämlich noch vor der Halle im Freien, qualmte dort aufgrund des drinnen ausgerufenen strikten Rauchverbots, tankte ordentlich Bier, vertilgte die belegten Brötchen und unterhielt sich angeregt oder tat sich gütlich am Merchandise-Stand. Und immernoch trudelten weitere Besucher und geladene Gäste ein, die den "Saal" füllen und zur einzigartigen Stimmung beitragen sollten. Gefühlt schienen sogar mehr Gäste zu kommen als erwartet – ein solches Jubiläum ist und bleibt eben ein Publikumsmagnet. 
So drang zwar Musik aus der Halle nach draußen, aber die jungen Herren von CORNERIA blieben mir selbst im Vorbeigehen auf der Jagd nach Essbarem nur durch ihre schmissige Version von Sodoms "Ausgebombt" in Erinnerung. 
DELIVER THE GALAXY wiederum zogen schon mehr Publikum vor die Bühne. Musikalisch und auch was den Unterhaltungswert (Rotor!) betrifft, spielen die in einer eigenen Liga und sollten später am Abend nochmal in Erscheinung treten. Sänger und Bassist zeigten trotz einiger klaffender Freiräume vor der Bühne eine solche Energie, daß man denen auch eine Stelle in anderen, großen Bands hätte geben können und die das Ding gewuppt hätten. Ich für meinen Teil behalte die auf dem Schirm und harre den Dingen, die da kommen werden...

Der Publikumspreis geht an...
Bunt gemischt. Alle Altersstufen. Ein Panoptikum. Einem Elsterglanz-Sketch entstiegene Originale... 
Andere Ausdrücke fallen mir nicht ein um das Publikum zu beschreiben. Die Anwesenden verdienen nämlich ein besonderes Lob. Denn im Gegensatz zu "gewöhnlichen" Konzerten dieses Genres, kamen auch Familienangehörige der Bandmitglieder und Menschen, die es wahrscheinlich nie zu solchen Musikveranstaltungen führen würde und die allein durch ihr normales Aussehen irgendwie aus der Menge der Kutten- und Band-Shirt-Träger auffallen mussten und sich doch einreihten in die Schar der Gratulanten. 
Bemerkenswert ist übrigens die Tatsache, daß es weder Verletzte noch gravierende Zwischenfälle gab – die Ausfälle durch hastigen und üppigen Bierkonsum am Ende mal außen vor gelassen. Prost & Gute Besserung!

Garagenbier. 
Mmmmmh...Bier! Manch einer mochte es nach nuschelndem Bekunden eher handwarm, der andere (fast) alkoholfrei und wiederum andere in Mengen. Einige tranken Wein. Muss es auch geben. 
Einer der Höhepunkte des Abends war sicherlich das eigens für das Konzert von GaBi in Kooperation mit Aschebräu gebraute Bier im 50l-Fass, auf dessen Ausschank alle sehnlichst warteten. In Ermangelung passender Anschlüsse verzögerte sich jedoch die Verkostung und es dauerte gefühlte Ewigkeiten und kostete Nerven, bis endlich alles in geordneten Bahnen aus dem Zapfhahn in die ausgetrockneten Kehlen floss. Dunkel in der Farbe, geschmacklich ausgefeilt und weit stärker als handelsübliches Bier, rann das edle Jubiläumsgebräu in Strömen und es wurde schnell klar, wie schnell 50 Liter verdunsten können... 
Randnotiz: Am nächsten Tag konnte man darüber hinaus (neben anderen leeren Behältnissen) 21 leere Kisten Bier zählen. Nochmals nachträglich Prost!

Feuerzeuge raus!
Der eigentliche Höhepunkt des Abends war mit Abstand der Auftritt der lauten Fünf. Mit etwas Zeitdruck im Nacken, vor gefüllter Halle stiegen die Herren empor und spielten – so empfand ich das als Laie – den Gig ihres Band-Lebens. Anfälle von Lampenfieber wichen schnell treibender Spielfreude, Enthusiasmus flutete den Raum und schwappte zwischen Bühne und Publikum hin und her. Herrlich! Zwischendrin erklommen dann zwei Herren von DELIVER THE GALAXY noch die Bühne und nötigten unter vorgehaltenen Gratulationen die BOMBTHREATer zum Anziehen ihrer Band-Shirts, sodaß der Rest des Auftritts in fremder Dienstbekleidung von statten ging. Und weil man sich dem Anlass gebührend nicht hatte lumpen lassen, bestiegen auch ehemalige Bandmitglieder die Bretter, die die Welt bedeuten und intonierten gemeinsam Klassiker aus dem BOMBTHREAT-Repertoire... Wirklich sentimental wurde es aber erst, als Feuerzeuge trotz Rauchverbots gezückt, diese wogend hin und her geschwenkt wurden und das Auftrittsende nahte. Zwar ist die Idee, daß alle Bandmitglieder nach und nach einzeln ihre Instrumente abstöpseln und die Bühne verlassen nicht neu, aber wirkungsvoll bei der Lösung des Zugabewunschproblems und der Lösung von Tränendrüsenüberdruck. Mir war so, als ob bei einigen die eine oder andere Träne im Augenwinkel blitzte. Einen Ausklang fand BOMBTHREATs Auftritt mit einem langsamen Schlagzeug-Solo, das den sonst nur hinter seinem Arbeitsplatz verschanzten Weiner ins Zentrum der Aufmerksamkeit rückte. Das war doch sehr ergreifend. Das war schön. Das war ein bewegendes Auftrittsende...

Reprise.
"Alles raus!" – keine Stunde nach Auftrittsende wurde abrupt der Kehraus eingeleitet, weil – warum auch immer – der Hallenbesitzer in die Seche kriechen wollte oder schon zum Früstück einen Furz zuviel verzehrt haben könnte. Mit diesem unpassenden, unsinnigen und so nicht vereinbarten Partyende hätten die allerwenigsten gerechnet – auch wenn die Miene des Verursachers schon früher am Abend Omen genug gewesen sein war. Statt Party und Ringelpietz bedeutete das Nachtruhe und Schotten dicht…
Nach einer etwas durchwachten aber äußerst bequemen Nacht im zugewiesenen Bungalow zusammen mit Linse (auch wenn das merkwürdig klingt: Danke für die Frühstücks-Banane!) am anderen Ende Ascherslebens, ging es Sonntag vormittags zurück zum Ereignisort: Aufräum- und Spurenbeseitigungsmaßnahmen standen auf dem Plan! Und alles ging irgendwie schneller als erwartet – trotz leicht tönerner Füße. Die umherliegenden Zigarettenstummel, die nicht ihren Weg in die Urne fanden, wurden eingelesen; das Leergut sortiert, getürmt, verpackt; Müll eingetütet, Tische zusammengefaltet; Ton- und Instrumententechnik zum Transport demontiert und auf die zur Verfügung stehenden Fahrzeuge verteilt und letzten Endes dem handwerkenden Miesepeter die Halle übergeben – vorher aber noch schnell drinnen alles durchgefickt...äh, gefegt. 
Ein letztes Highlight dieses erinnerungswürdigen Wochenendes stand dann aber noch auf dem Plan: die Fahrt zum berühmt-berüchtigten BOMBTHREAT-Probenkeller! Denn dorthin wurden die noch vollen Bierkisten und andere wichtige Frachten verbracht und ich durfte endlich mal das muffig-morbide Flachbaukämmerlein mit eigenen Augen erblicken, das ich bisher nur von Fotos oder aus Erzählungen kannte...ein passender Abschluss für ein bemerkenswertes Ereignis!

Ein besonderer Dank und Grüße gehen an: BOMBTHREAT (Schimmel, Malle, Siggi, Weiner, Seppl) für Alles, Señorita Rasante Anja S. (dem Finger gute Besserung) und Linse für Gespräche und Banane...

(D.P.)





















Freitag, 5. Juni 2015

20 Jahre und kein bisschen leise.

BOMBTHREAT XX – MAKING OF.

"Ich mach drei Kreuze, wenn der Scheiß endlich durch ist!"(*) – So oder noch aggressiver formulierte ich es in Gedanken. Immer wieder mal. Dann öfters. Anfang Mai wieder weniger – denn es war vollbracht: Die Gestaltungsarbeiten waren beendet, die Druckdaten versandt und alles fertig. Denn die ascherslebener Oldschool-Death-Metal-Heroen BOMBTHREAT feiern Anfang Juni 2015 Zwanzigjähriges und zur Zelebration wird passender Weise ein neuer Tonträger unters treue Fan-Volk geworfen. Und wie schon beim letzten Album der lauten fünf, durfte ich meine Fähigkeiten einbringen und Schönes beisteuern...

Glückwunsch zum Jubiläum!

"Wir haben doch noch genug Zeit…!"

Wenn am 06.06.2015 zum Halali geblasen wird und der neue Rundling in Sonder- und Standardausgabe dem treuen Fan gehörig einheizen wird, werde ich für meinen Teil fast vergessen haben, wie es anfing damit: Im Herbst des Jahres 2014 unkte es aus dem bassistischen Dickicht, daß zum anstehenden Bandgeburtstag eine neue Scheibe in Planung sei und diese natürlich auch wieder fetzig aufgemacht werden müsste. Die Wahl fiel wegen guter Erfahrungen und mangels Alternativen auf meine Wenigkeit. "Toll…!!!" dachte ich. Und weil man als Band nicht jedes Jahr Zwanzigsten feiert, wollte man sich seitens der Musikanten nicht lumpen lassen und auch merchandise-technisch ordentlich klotzen statt nur zu kleckern. Anhänger der ersten Stunde und andere Fans sollten diesmal über den Tonträger hinaus sogar eine limitierte Special-Edition bekommen mit allerlei Sammelwertem wie Digipack, Anziehsache, Anstecker, Aufnäher und Aufkleber. Alles kommt in einer Filmdose äh, Tellermine aus Leichtmetallblech daher und ist handnummeriert! That's value for money! Manche etablierte Band kriegt sowas nicht mal zum 100. Wiegenfest hin...
Doch zurück zum Anfang: Die Zeit verstrich irgendwie. Es ging das Jahr 2014 und das Jahr 2015 begann. Und außer ein paar ganz groben Ideen hatte ich keinen Plan, was ich machen wollte oder die Band sich wünschte. Erste zaghaft umschriebene Vorstellungen existierten zwar, brachten mich aber nicht weiter. Die Zeit verstrich weiter und einer der ersten konkreteren Entwürfe kam irgendwie nicht so recht an bei der musizierenden Kundschaft und gefiel mir dann auch wieder nicht mehr, je länger ich da drauf schaute. Es wurde also Zeit, nochmal nachzuhaken, was die bombendrohenden Fünf denn so für Vorstellungen hatten, bevor es zu spät sein könnte. Mir wurden gefällige Beispiele genannt, es begann eine Recherche, es wurde gegrübelt, gefachsimpelt, zwischendurch Bier getrunken sowie die Kunst des kommunikativen Email-Missverständnisses kultiviert, bis zu dem Punkt als klar wurde, daß es was "Oldschooliges" werden müsse: gezeichnet, schwarz-weiß, scharf kontrastiert und eher räudig, als hochglänzend. Irgendwo zwischen nostalgisch untergrundiger Kopierzettel-Ästhetik der frühen Neunziger und guter Gestaltung. Das war schwieriger als gedacht, auch wenn's einfach klang im Anflug gestalterischer Überheblichkeit. Um an dieser Stelle abzukürzen: Neben den regulären Aufträgen zehrte die Bombthreaterei – so viel Herzblut da auch von meiner Seite aus drin steckt – enorm an den Ressourcen. Von den Nervenzerrungen ganz zu schweigen...


"…mach ich dann morgen!"

Pro-kras-ti-na-tion. Eine fiese Angelegenheit. Abgesehen vom Umstand, als Fisch bei Planfisch ordentlich herum zu gestalten und seriöse Gestaltungen etc. zu setzen, lockern Kreativarbeiten wie die für Bombthreat den Alltag auf. Wäre da nicht dieser Drang alles auf später zu verschieben – sei es aus Lustlosigkeit, eingebildeten Augen-Aua, schlichter Überarbeitung oder was auch immer. Der Bombenspaß wollte zu kurz kommen. Und als dann noch die berüchtigte Angst vor dem weißen Blatt Papier und dem ersten Strich hinzu kamen, war es schnell aus mit dem Enthusiasmus. Aber am Ende hat alles geklappt und das Ergebnis kann sich – hoffe ich – sehen und hören lassen.


PLANÜBERERFÜLLUNG – DER GESTALTUNGSKNECHT HÄLT WORT!

Schriftzug: Pünktlich zum Jahrestag erfuhr das Bandlogo eine Überarbeitung. Statt alles komplett neu zu gestalten, spielte ich mit dem, was da war. Das stilisierte Schreibmaschinenschrift-Logo bot sich an für allerlei Schabernack, weil die Laufweite einer Maschinenschrift ja immer gleich ist und die einzelnen Lettern immer die gleichen Maße aufweisen (zumindest theoretisch). So lag es nahe, alles kompakter und geschlossener zu gestalten. Nachdem ich die einzelnen Buchstaben unter Verwendung verschiedener klumpig-verlotterter Schreibmaschinen-Fonts nachbearbeitet hatte, konnte ich mit der Ausrichtung der Lettern herumbasteln. Einzeilig, zweizeilig, puzzleartig oder ineinander verschrenkt – am Ende wurde es auf Wunsch der Musizierenden doch ein Einzeiler. Die einzelnen Buchstaben überschneiden einander nicht nur, sie lassen Unnötiges aus und schließen das Logo nach außen besser ab. Da fällt nix mehr auseinander und die Lesbarkeit bleibt trotz der stark entstellenden Überschneidung prinzipiell erhalten. Speziell für das CD-Coverartwork (und nur dafür) zeichnete ich noch eine Logo-Variante, die an das verschlungen morbide Gekräusel angepasst ist und sich harmonischer in das "Gesamtwerk" einfügt – denn soviel Ordnung muss sein.

Metamorphose.







Digipack/ CD-Label/ Coverartwork: Nach verschiedenen totgeborenen Ideen und zwingender Abklärung der Vorstellungen, was die fünf Herren denn nun tatsächlich auf ihre Jubiläumsplatte haben wollten, konnte ich erste Skizzen erstellen, die das abbilden sollten, was gewünscht wurde… mehr oder weniger. In fakultativer feierabendlicher Zeichenarbeit kritzelte ich hastig grobe Vorschläge zusammen, bereitete diese digital auf und verschickte sie zur Diskussion. Es darf dabei nicht vergessen werden, daß nur der Bass spielende Seppl in Leipzig residiert und Aschersleben eben doch etwas weiter weg liegt. 


Gut skizziert ist halb gewonnen.
Drei Ansätze unter dem internen Arbeitstitel "Todesfabrik" standen letztlich zum Diskurs und der letzte Entwurf schaffte es dann ins Finale. Zwar musste ich ein paar Abstriche hinsichtlich derber Splatter- und Gore-Elemente machen, aber mittels bereits fertiger Skizzen füllte ich die entstandenen Lücken ansehnlich auf und konnte mich an die Umsetzung machen: Mittels einer via Photoshop und anderen Programmen aufbereiteten und auf DIN A3-Papier ausgedruckten feinen, kaum noch sichtbaren Vorzeichnung zur Orientierung schritt ich nach Überwindung von Prokrastinationserscheinungen und anderen Widrigkeiten zur Tat und zeichnete erst mit Bleistift dünn die Vorzeichnung detaillierter nach, ergänzte Kleinigkeiten, änderte Winziges und setzte final dann den Fineliner an, um alles rein zu zeichnen. Intervallweise fotografierte ich noch zu Dokumentationszwecken die Arbeitsfortschritte und letzten Endes stellte ich Ende April, Anfang Mai (also kurz vor der Angst) die Zeichnung fertig. Mittels Scanner und Bildbearbeitung retuschierte ich daran kräftigst herum, um einige Kleinigkeiten zu ergänzen und Fehlerchen auszumerzen und passte die fertige Gestaltung in das Digipack-Layout ein, wobei ich auf einen bestehenden Materialfundus zurückgreifen konnte.

Kurzfilmfestival!
Die Digipackgestaltung selbst kommt in feierlichem Schwarz daher. Schwarz geht immer. Schwarz ist aber auch – man wird es kaum glauben – eine schwierig zu druckende Farbe und je nachdem, wie der Druck erfolgt, schimmern immer irgendwelche Farbschleier durchs Dunkel. Umgehen kann man das entweder, indem man ins Schwarz noch zusätzlich die andere Farben zur Rasterfüllung einfließen lässt, oder einen Kontrast setzt, der von ungewollten Farbeffekten ablenkt. Ich habe beides gemacht.
Da das Digipack ohne Booklet daherkommt, lautete die Devise darüber hinaus auch noch "Platz sparen und haushalten"! So setzte ich die Credits mit einiger Trickserei auf die Innenseite und hübschte alles im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten typografisch auf. Zusätzliches nachbearbeitetes Bildmaterial der Band verteilte ich dann auf der Rückseite und der Tray-Fläche, ergänzt durch die eine oder andere grafische bzw. typografische Spitzfindigkeit. Für das CD-Label – im Trubel allgemeiner Hektik und Torschlusspanik wäre das vergessen worden – klierte ich noch fix eine Scanvorlage, die nach eingehender Nachbearbeitung nun den Drehling ziert.


DTP of Death!
Textilien: Der Fan mag es, passend angezogen zu sein. Und passend zum Anlass kriegt der Bombthreat-Freundeskreis auch neue Motive auf den Leib gezaubert. Das Motiv auf der Vorderseite geht auf eine alte Zeichnung von mir zurück, die ich 2014 nur als Platzhalter mal wiederverwendete, um den Bombthreatern mögliche Grafik-Konzepte zu illustrieren. Nachdem das Motiv für gut befunden wurde, überarbeitete ich das Ganze rechnergestützt um es anzupassen an die neue monochrome Designlinie. Für die Rückenseite kam diffuser Vektor-Gries in Kombination mit Schädel und Knochenhand zu Einsatz, flankiert vom harmannschen "Ist nicht viel so'n Mensch"-Spruch, der auf Bombthreats alte Wolf-EP verweist.


Anziehsache.

Anstecker: "Herausforderung!" möchte man brüllen! So eine klitzekleine Fläche, kreisrund und dann muss es auch noch gut aussehen… Immerhin konnte ich hier die Vorteile des überarbeiteten Bandlogos ausspielen. Nachdem ich auch hier einige verschrobene Entwürfe gebastelt hatte, reichte am Ende ein einfacher, aber zugleich wirkungsvoller Entwurf aus, der demnächst dann Brüste zieren möge.

Aufnäher: Der Aufnäher/Patch war (zusammen mit der Dosenbeschriftung) eine der wenigen Sachen, die relativ reibungslos funktionierten. Zwar kritzelte ich auch hier eine Menge Entwürfe, doch sind am Ende immer die simplen Dinge die besten. Nervenaufreibender war dagegen die Suche nach jemandem, der alles maschinell auf schwarzen Stoff sticken sollte. 

Aufkleber: Um das Merchandise-Arsenal zu vervollständigen, darf natürlich was schön Klebriges nicht fehlen. Und auch wenn ich mich irgendwie wiederhole: ich habe ein paar Entwürfe angefertigt, es wurde verworfen, es wurde geschmäht und am Ende wurde es ein aufbereiteter zeichnerischer Schnellschuss aus meinem Skizzenbuch.


Aufkleber, Aufnäher, Anstecker.

Dosenbeschriftung: Wenn schon, denn schon! Diejenigen, die die limitierte Sonderedition in der Metalldose erwerben, können neben den schon beschriebenen Fan-Artikeln und dem Digipack auch bestaunen, daß man nicht viel braucht, um eine in sich schlüssige Gestaltung zu entwickeln – die Vorderseite ziert ein schlichter schwarzer Aufkleber mit weißem Schädel und Logo; die Rückseite zeigt dem Sammler, was er in Händen hält – inklusive handschriftlich eingetragener Nummer! Gratulation, wer eine der wenigen sein Eigen nennen darf...


Die dolle Dose!

FAZIT.

Mann, war das ein Ritt! Immer wieder frage ich mich, warum ich bzw. wir uns so schwer getan haben mit allem. Verglichen mit dem Album von 2013, bei dem wir bedeutend weniger Zeit zur Verfügung hatten, war dieses Projekt eine schwere Geburt – zumindest sehe ich das so. Im Großen und Ganzen bin ich aber zufrieden mit dem Ergebnis. Das kann sich nicht nur hören, sondern auch sehen lassen! 

Kleines Späßchen am Rande.
Hätte, hätte, hätte...
Während der Arbeiten am Artwork phantasierte ich immer mal wieder herum, wie die Covergestaltung wohl aussehen müsste, wenn die Herren Bombthreat zum Beispiel semi-elektronische Musik (quasi halbanaloger EBM [sic!]), BlackMetal, finsteren DoomDarkJazz oder was auch immer spielen würden… Wie die Gestaltung dann ungefähr ausgesehen hätte, möchte ich mir nur eingeschränkt vorstellen. Aber möglich ist alles. Ulver haben früher ja auch BlackMetal dargeboten, bevor sie sich abschminkten, die Haare schnitten, die Kutte wegließen und durch stylishen Ambient-Jazz-Doom-Jazz-Firlefanzigkeit an Boshaftigkeit gewannen...

(D.P.)

*am 19. Mai, nachdem ich mitgeteilt bekam, daß alles gut geworden ist, habe ich endgültig drei Kreuze in den Kalender geschmiert!