Donnerstag, 22. Januar 2015

Überdruckventilation. [3]

Quo vadis?

"In die innere Emigration auf der Couch!" – So hätte ich wohl geantwortet, wäre ich gefragt worden angesichts der Demonstrationen gestern Abend in Hype-...äh, Leipzig. Aber wische ich den Zynismus beiseite, müsste ich zugeben, daß es doch meine pathologische Abneigung gegenüber großer Menschenmengen ist, die mich hinderte mich einzureihen in die Scharen der Gegendemonstranten... Ja, richtig gelesen: Ich mag LEGIDA nicht! Und wer jetzt wieder die Differenzierungskeule schwingen möchte und behauptet, daß da nicht nur Faschos sondern auch besorgt-verängstigte Bürger mitmarschieren, kann lamentieren wie er möchte und gern einen bunt angemalten Kothaufen probieren – sieht zwar delikat aus, schmeckt aber immernoch nach dem was es ist: braune Scheiße. Denn die, die sich dort einreihen, machen sich gemein mit den Geisteshaltungen ewig gestriger, tiefbrauner Ideologen auf Rattenfang. 

Stadtmarketing 2.0
"Wir haben Angst!" – Wovor? Daß morgen alle ein Kopftuch tragen müssen, Schweinefleisch abgeschafft und die Scharia eingeführt wird? Und was kommt als nächstes? Angst vor Mischgemüse? Demos gegen Suppengrün?
Spaß beiseite: Absurde Forderungen, resultierend aus subjektiven Ängsten führen erfahrungsgemäß immer zu Angst bei den anderen, die dann dagegen aufstehen. Das ist ein Teufelskreis. Und denkt man die diffus-kruden Ideen der LEGIDAisten weiter, kann einem wirklich Bange werden – denn extremistische Strömungen leben bekanntlich vom Schüren von Ängsten und man muss sich nur mal das Szenario vorstellen, würde man diesen Verirrten das Ruder überlassen. In meiner Phantasie liefe das auf ein Szenario à la "ABSUNÄBESÜBO – Angstbürger sucht nächstbesten Sündenbock" hinaus.

"Gewalttätige Extremisten gibt's aber auch bei den Gegendemonstranten..." – Sicher. Akzeptiert. Aber Arschgeigen gibt's bekanntlich überall – eine nächtliche Straßenbahnfahrt dient zur hinreichenden Verifizierung. 
Es stellt sich nur die Frage, warum die Gefahr von Links, gerade nach NSU und Co., bis heute (gerade in Sachsen) als gefährlicher bewertet wird, als die latente, manifeste Gefahr von Rechts. In Sachsen existieren Landstriche und Provinzen, die fest in brauner Hand sind – von den faschistoiden, xenophoben Geisteshaltungen in den Köpfen ganz zu schweigen. 

"Fährt überhaupt nochwas?" – Nein. Gestern ging ab Nachmittag in Leipzigs Innenstadt so gut wie nichts mehr: die Geschäfte in der City geschlossen, der ÖPNV wurde eingestellt oder umgeleitet, der Innenstadtring war wie leergefegt. Fahrrad oder Fußmarsch blieben als zielführende Fortbewegungsmittel übrig. 
Hat sich mal einer Gedanken gemacht, was das für Leipzig bedeutet, wenn das wie von den LEGIDeppen angekündigt, jeden Mittwoch stattfinden soll? Wäre ich ein Tourist, würde ich es mir nach den gestrigen Ereignissen zweimal überlegen, dieser sonst so schönen Stadt einen Besuch abzustatten. Und auch als Mensch, der schon von den erzkonservativen und polternden Hinterfotzigkeiten seiner (vorallem einsamen, älteren, männlichen) Mitbürger genug im Alltag gegeißelt wird und aus persönlichen Gründen nicht zu Großdemonstrationen geht, stellt sich die alles entscheidende Frage: Wohin soll das noch führen?

(D.P.)

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen