Mittwoch, 21. Oktober 2015

Überdruckventilation. [4]

Hass – quo vadis?

Montags in Sachsen ist Deppentag. Ob Dresden oder Leipzig – es marschieren (und nicht spazieren) angeblich besorgte Bürger durch die Innenstädte und blöken ihre plumpen Parolen in die Welt. Sie möchten das Volk sein. Sind aber nur der pöbelnde Mob. Doch nicht nur auf der Straße, wo sie durch die Polizei von den Gegendemonstranten leidlich getrennt werden, sondern auch und vor Allem im Netz in den (a-)sozialen Netzwerken wie Facebook trieft es nur so vor Vorurteilen, Polemik und Gewäsch der Rechtsaußen-Ausleger, die u.a. die aktuelle Flüchtlingsproblematik für sich instrumentalisieren und so nützliche IdiotInnen rekrutieren, die wie die Äffchen alles nachplappern, teilen und für wahre Münze halten. Die üblich verdächtigen braunen Brandstifter und Körperverletzer, neokonservative AfD-Konsorten, wirre Verschwörungstheoretiker und ewig Vorgestrige zündeln kräftig herum – zuerst verbal und dann im Flüchtlingsheim. Kurzum: Der Hass grassiert. In Wort und Bild und letztlich in Taten. Hass auf alles, was nicht der national-asozialen, menschenverachtenden Weltanschauung oder dem kleinbürgerlichen, besitzstandswahrenden Bild der Mitläufer (und Mitspazierer) entspricht – besonders hier im Freistaat Sachsen. Da marschieren Menschen von Nebenan mit denen mit, die sie bei Tageslicht und unter Einschaltung der letzten Denkreserven nicht mal mit dem Arsch ansehen würden und fühlen sich dann noch auf den Schlips getreten, wenn man sie als Nazis bezeichnet. Merke: Scheiße bleibt Scheiße, selbst wenn man ein Schirmchen reinsteckt und sie als Schokolade deklariert. Es stinkt weiter.

Der Freistaat ist übrigens – entgegen der Meinung solch illustrer CDU-Geronten wie König Biedenkopf I. „Sumpfsachse“ – tatsächlich fruchtbarer Hass-Boden. Statt die Scheuklappe vom rechten Auge zu nehmen, werden seit rund 25 Jahren (nach Leipziger Marketingzählung also etwa 657 Jahre) rechtsextreme Straftaten als Lausbubenstreiche verharmlost und stattdessen zum Beispiel lieber Prozesse gegen die geführt, die den braunen Sumpf trocken legen wollen oder sich dem marschierenden Mob entgegenstellen. Und auch so mancher simpler Sachse von der Straße ist zu gern bereit, den Rattenfängern zu folgen, weil ihn eine diffuse Angst vor allem treibt, was er nicht verstehen will. Lösungen für Probleme bieten sie alle nicht. Zumindest keine, die der komplexen Lage angemessen wären, darüber hinaus nicht menschenverachtend sind und nicht von vollkommener Empathiefreiheit künden würden. 

Ich frage mich bei all den alles hassenden Möchtegern-Abendlandbewahrern immer nur eins: Wohin soll dieser Hass führen? Ließe man all die Björns, Fraukes, Lutze und Silvios machen, wie sie gern wollen, würde das kein Ende finden. Denn mit etwas Phantasie kann man sich ausmalen, daß zur Zehrung des Hasses immer neue Hassobjekte nötig sind um die zerstörerische Flamme am lodern zu halten, die doch nur Ausdruck eines gestörten Ichs ist...zerfressen von Kleingeistigkeit, Minderwertigkeitskomplexen und Selbsthass. Heute sind die Opfer Flüchtlinge und deren Helfer, vorgestern waren es Juden und in Zukunft? Linke? Brillenträger? Linkshänder? Wer wird als nächstes gehasst? 
Und wenn eines Tages alles weggehasst sein wird – nimmt der letzte sich dann selbst den Strick und löscht das einzige aus, was es noch zu hassen gibt…?

(D.P.)

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